Mit dem Forschungsinstitut für Limnologie verfügt Mondsee über eine Universität. Woran dort geforscht und was gelehrt wird, erzählt Pressesprecherin Sabine Wanzenböck im Interview.
Frau Wanzenböck, seit wann gibt es das Institut in Mondsee und warum befindet es sich ausgerechnet hier?
Das Institut wurde 1981 unter der Schirmherrschaft
der Österreichischen Akademie der Wissenschaften am Standort Mondsee eröffnet und ist seit 2012 als Forschungsinstitut für Limnologie ein Standort der Universität Innsbruck. Das Seengebiet ist
ein idealer Standort für ein Institut, das sich mit der Erforschung von Gewässern und aquatischen (im Wasser lebenden, Anm.) Organismen beschäftigt. Welche Studienrichtungen umfasst das Gebiet
der Limnologie? Die Limnologie ist die Lehre vom Süßwasser als Lebensraum für Organismen und Ökosystemforschung, d.h. mit Struktur und Funktion von Süßwasser-Ökosystemen einschließlich des
Grundwassers. Die Limnologie wird in der Biologie dem Themenbereich der Ökologie zugeordnet. Um Fragestellungen in der Limnologie bearbeiten zu können, kommen zahlreiche andere Bereiche zum
Einsatz: Physik, Chemie, Hydrologie, Zoologie, Botanik, Mikrobiologie etc.
Gibt es einen Hörsaal in Mondsee oder forschen die Studenten ausschließlich in den Laboren?
Am Institut leiten neun Wissenschafter jeweils eine Forschungsgruppe (FG)
und arbeiten mit ausgewählten aquatischen Modellorganismen an Fragestellungen der aquatischen Forschung. Die Themen reichen von der Grundlagenforschung bis zur angewandten Forschung. Den
Forschungsgruppen sind Laborassistenten zugeordnet, die die Forscher im Labor oder im Freiland bei ihrer Arbeit unterstützen. In den FGs werden Studierende, die ihre Bakkalaureats- (BSc), Master-
(MSc) oder Doktoratsarbeiten (PhD) verfassen, wissenschaftlich betreut, und es arbeiten PostDocs, also Wissenschafter nach Abschluss ihrer Doktorarbeit, bei uns. Regelmäßig finden auch
Lehrveranstaltungen in zwei Seminarräumen und Laboren statt. Darüber hinaus halten unsere Wissenschafter regelmäßig Lehrver-anstaltungen in Innsbruck ab.
Aus welchen Ländern, abgesehen von Österreich, kommen die Wissenschafter noch?
Die eingeworbenen Projekte der Wissenschafter am Forschungsinstitut werden oft mit internationalen Kooperationspartnern durchgeführt. Dazu halten sich für den jeweiligen Projektzeitraum
internationale Studierende und Gastwissenschafter aus dem Ausland in Mondsee auf. Partnerländer sind Deutschland, Italien, China, Kenia und Tschechien. Kürzlich hat eine Doktorandin aus
Neuseeland ihre Doktorarbeit in Mondsee abgeschlossen.
Wer sind die Abnehmer der Forschungsergebnisse?
Forschungsergebnisse der Grundlagenforschung werden in wissen-schaftlichen Fachzeitschriften veröffentlicht und bei wissenschaftlichen Tagungen präsentiert. Die „primären Nutzer“ sind Forscher aus Fachkreisen, die die neuen Erkenntnisse für ihre eigene Forschung nutzen können. Die veröffentlichten Forschungsergebnisse tragen zu Wissensfortschritten mit gesell-schaftspolitischer Relevanz bei, etwa hinsichtlich Klimawandel oder Naturschutz. Weitere „Nutzer“ sind Politik, Behörden, Naturschutzverbände sowie Forscher im Bereich der angewandten Forschung. Die Forschungsergebnisse werden auch Studierenden und der breiten Öf-fentlichkeit vermittelt: Lange Nacht der Forschung, Sommerpraktika, Tag der offenen Tür, Girls´ Day, Maker Day, Junge Uni, Führungen, Exkursionen für SchülerInnen, Forschungs-Newsletter etc.
"Der Klimawandel hat auf die Gewässer im alpinen Raum einen starken Einfluss."
Wie stark sind die heimischen Gewässer bereits vom Klimawandel betroffen?
Der Klimawandel hat auf die Gewäs-ser im alpinen Raum einen starken Einfluss. Eine nur geringfügige Er-höhung der Wassertemperatur kann für die spezialisierten und sensiblen Organismen
existenzbedrohend sein. Im Juli hat am Institut ein Projekt mit Partnern aus Südtirol begonnen, in dem Kleingewässer in den Niederen Tauern und in Südtirol untersucht werden. Im dreijährigen
Projekt CLAIMES will man heraus-finden, wie der Klimawandel die Funktion der alpinen Seen beeinträchtigt und dadurch die Bereitstellung von sogenannten Ökosystemdienstleistungen beeinflusst.
Darunter versteht man „Dienstleistungen“, die die Natur für den Menschen bereitstellt (Nahrung, Wasser, Holz, Fasern und genetische Ressourcen) und die Klima, Überflutungen, Krankheiten,
Wasserqualität und Abfallbeseitigung regulieren.
Gibt es Kooperationen mit regionalen Unternehmen und Institutionen?
Eine jahrelange Kooperation besteht mit dem Technologiezentrum Mondseeland beim Projekt „Wasserleben“. Hier begeisterten wir mehr als 700 Kinder und Jugendliche für Wissenschaft, Forschung und
Technologie und sensibilisierten sie für die Funk-tionsfähigkeit und Reinhaltung von Gewässern. Weitere regionale Wirtschaftspartner waren BWT, Internetagentur Sternpunkt, Ingenieurbüro prowel
und Reinhaltungsverein Mondsee-Irrsee. Der Tourismusverband Mondsee-Irrsee ist Sponsor für Sommer-Workshops und für die „Junge Uni“, wo interaktive Work-shops angeboten werden.
SILBERPARTIKEL IN SPORTKLEIDUNG IM MONDSEE NACHGEWIESEN
Im kürzlich abgeschlossenen EU-Projekt FENOMENO (in Zusammenarbeit mit dem Reinhaltungsverband Mondsee-Irrsee) wurde untersucht, ob Silberna nopartikel, die zum Beispiel in Sportfunktionsbekleidung und in Fassadenfarben Verwendung finden, durch Abwässer und über die Kläranlage in den Mondsee gelangen und dort einen Einfluss auf das Ökosystem haben. Es konnte nachgewiesen werden, dass sich Silber im Klärschlamm der Kläranlage anreichert, auch die nachgewiesene Menge von Silber im Sediment um den Ausfluss der Kläranlage in den Mondsee war deutlich erhöht. Bei den untersuchten Fischen im Mondsee war keine Silbernanopartikelanreicherung nachzuweisen. Die Silberablagerungen im Sediment des Mondsees sind zwar zurzeit kein Problem für das Ökosystem, im Zuge einer weiteren Anreicherung im Sediment kann ein künftiges Risiko aber nicht ausgeschlossen werden.